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Interview mit Sylvia Steenken zum Thema Experten-Beirat - eine große Chance für Franchisesysteme

Wie wichtig ist eine clevere (Experten-) Beiratsarbeit für Franchisesysteme? Welche Chancen siehst Du?

In Franchisesystemen ist es häufig Usus, mit einem internen Franchisepartner-Beirat zu arbeiten. Die Franchisepartner:innen kennen das System am besten und haben einen sehr fokussierten Blick darauf. Doch Impulse "von Außen" lassen sich auf diesem Wege kaum gewinnen. Ein Beiratsgremium, das mit externen Experten besetzt ist und das Unternehmen dauerhaft begleitet, kann genau diese Impulse setzen und Expertise sowie Netzwerk einbringen. 

 

Welchen Mehrwert hat ein Beiratsgremium für Franchisesysteme?

Das verrät uns unsere Gründerin Sylvia Steenken in diesem spannenden Interview. Denn Sylvia engagiert sich seit 2021 bei den Deutsche Digitale Beiräten und ist Beirätin bei einem mittelständischen Unternehmen.

 

Bildnachweise: links: iStock.com/ChrisBoswell/Stock-Fotografie-ID:473555318, rechts: Deutsche Digitale Beiräte

 

Sylvia, was versteht man unter einem Experten-Beirat für Franchisesysteme?

Sylvia Steenken: "Wie Unternehmen, die per Gesetz einen Aufsichtsrat einrichten müssen, können mittelständische Unternehmen - wie viele Franchisesysteme - einen Beirat mit ähnlichen Funktionen freiwillig einrichten, mit Experten besetzen und nach eigenen Wünschen gestalten. Ein solcher Beirat wird meist für mehrere Jahre berufen und verantwortet gemeinsam mit den Gesellschaftern die Kontrolle, Überwachung und Beratung der Geschäftsführung. Extern berufene Beiräte bringen dabei Expertise und Netzwerk insbesondere in den Gebieten ein, die die Gesellschafter selbst nicht abdecken, z.B. das umfassende Thema Digitalisierung, deren Auswirkungen auf das aktuelle Geschäftsmodell, die Erschließung neuer Geschäfts- und Vertriebsfelder oder die digitale Transformation des Unternehmens.” 

 

Warum ist die Einrichtung eines solchen Gremiums für Franchisesysteme aus Deiner Sicht sinnvoll?

Sylvia Steenken: "Jedes Unternehmen kann von dem Know-how eines gut besetzten Beirats profitieren, besonders in Zeiten, in denen es durch Krisen und Technologiesprünge zu großen Veränderungen kommt. Da mein Herz fürs Franchising schlägt, möchte ich die Beiratsarbeit für die Franchise-Szene bekannter machen und sehe vielfältige Chancen, die Systeme dadurch zukunftsfähiger und widerstandsfähiger zu gestalten.” 

 

Du engagierst Dich bei den Deutschen Digitalen Beiräten (DDB). Was steckt dahinter?

Sylvia Steenken: "Die Deutschen Digitalen Beiräte bilden ein Netzwerk aus zertifizierten Digitalisierungsexperten, die die Beiratsarbeit für mittelständische Unternehmen bekannter machen und als Beirät:innen mit Digitalschwerpunkt in vielen Mandaten tätig sind. Jedes Mitglied hat vor der Aufnahme einen Zertifizierungsprozess durchlaufen, der 15 Kriterien umfasst. So muss jedes Mitglied beispielsweise neben umfangreichem Digital-Know-how und Führungserfahrung im Corporate Bereich auch Erfahrungen als Unternehmer und im Start-up Business mitbringen. So stellen wir sicher, dass die Beiräte fundiert und auf Augenhöhe mit den Gesellschaftern und der Geschäftsführung agieren. Mehr zu den Kriterien findet sich unter diesem Link Zertifizierungskriterien für Beiräte - Deutsche Digitale Beiräte (deutsche-digitale-beiraete.de). Wer also ein neues Mandat oder ein ganzes Gremium besetzen möchte, findet hier einen Pool von sehr erfahrenen Beiräten.” 

 

Welche Chancen siehst Du für Franchisesysteme bezüglich der Arbeit mit Beiräten?

Sylvia Steenken: "Viele Franchisesysteme arbeiten mit Franchisepartner-Beiräten. Diese können das System bei internen Herausforderungen gut weiterbringen, haben den genauen Blick auf die Erfordernisse der lokalen Märkte und können die Weiterentwicklung des Systems unterstützen. Durch das tiefe operative Wissen fehlen solchen Partnerbeiräten aber mitunter der objektive und uneigennützige Blick von Außen und frische Impulse. 

Die Etablierung eines Experten-Beirats setzt genau hier an. Die Experten bringen ihr Know-how aus anderen Branchen und anderen Unternehmen mittel- bis langfristig ein. Sie haben keine eigene Agenda, können auch quälende Fragen stellen, Perspektiven eröffnen und dem Franchisesystem so ganz neue Wege aufzeigen und Netzwerke öffnen.   

Vor allem in besonders herausfordernden Situationen oder bei der systematischen Lösung neuer Herausforderungen kann es sich lohnen, solche Impulse zu nutzen.    

 

Meine bisherige Erfahrung auch als Mitwirkende der DDB bestätigt das ganz deutlich.” 

 

Wie genau kann man sich die Aufgaben eines Beirats in einem Franchisesystem vorstellen?

Sylvia Steenken: "Das eher abstrakte Konstrukt eines Beiratsgremiums lässt sich ganz gut mit einem Bild veranschaulichen. Das Schiff mit Mannschaft und Kapitän steht für das Unternehmen oder in unserem Fall das Franchisesystem. Es bringt Waren möglichst effizient von A nach B, der Kapitän und die Mannschaft sind dafür verantwortlich. Die Eigentümer, hier die Reederei, ist für die Berufung, Kontrolle, Überwachung und Beratung des Kapitäns verantwortlich. Um das gut zu machen, kann sie sich Beiräte an die Seite stellen, die die eigene Expertise ergänzen, relevante Trends aufzeigen und so wie ein Leuchtturm einen Fixpunkt am Horizont darstellen.”  

 

Wie unterscheidet sich Deine Rolle als Beirätin von der als Beraterin?

Sylvia Steenken: “Wenn wir in unserem Bild bleiben, dann unterstütze ich als Beraterin den Kapitän oder die Mannschaft, je nachdem wie operativ das Thema ist. Mal schreiben wir das Handbuch und sind tief im Maschinenraum, mal überlegen wir mit dem Kapitän, wo am besten die nächsten Expansionsschritte erfolgen sollten. Als Berater sind wir auf dem Schiff. Als Beirätin muss ich das operative Geschäft auch verstehen, arbeite aber nicht operativ mit. Ich setze als Teil des Beirats Impulse, hinterfrage Ergebnisse und stelle Aufgaben, ohne mich operativ einzumischen. Die Art, wie eine Aufgabe umgesetzt wird, entwickelt der Kapitän mit seiner Mannschaft und berichtet dazu beim nächsten Beiratstreffen. Auch die Verbindlichkeit des Engagements ist als Beirätin anders als Beraterin. Wenn sich die Windrichtung ändert, ist ein Berater schnell angeheuert oder auch entlassen. Ein Beirat hat ein langfristiges Mandat und steht kontinuierlich, besonders auch in stürmischen Zeiten an der Seite des Unternehmens. Deshalb ist es wichtig, die richtige Wahl bei der Besetzung zu treffen und objektive Kriterien statt des Best Buddy Prinzips zu nutzen. Auch die Chemie muss stimmen.  

 

Übrigens sind Franchisegeber ganz frei in der Gestaltung der Spielregeln für einen Experten-Beirat. Ich empfehle bei der Besetzung der Beiratsmandate das Thema Digitalisierung zu berücksichtigen. Die aktuellen Technologiesprünge zeigen uns, wie sehr sich die Zukunft ändern wird und sich jedes System neu erfinden muss. Außerdem ist Diversität im Beirat wichtig, um nicht immer in die gleichen alten Muster zu verfallen.” 

 

Wie sollte man als Franchisegeber vorgehen, wenn man sich für das Modell Experten-Beirat interessiert oder in seinem System anwenden möchte?

Sylvia Steenken: "Wie immer sollte zunächst die Zielsetzung klar sein. Welche Rolle soll der Beirat übernehmen? Welche Expertise ist bei den Gesellschaftern bereits vorhanden? Wo gibt es weiße Flecken? Aus meiner Sicht sollten Kompetenzen im Bereich Digitalisierung, Finanzen, Marketing und Vertrieb sowie auch, aber nicht ausschließlich, Branchen-Know-how im Beirat vertreten sein. In dieser Besetzung kommt der Beirat einem Aufsichtsrat sehr nah.  

 

Was auch attraktiv ist: Franchisesysteme können auch einen Experten-Beirat mit Projektbezug (z. B. die Etablierung einer neuen Marke oder eines neuen Geschäftsfeldes) oder einen speziellen Digitalisierungs-Beirat ins Leben rufen, um alle Themen rund um Digitalisierung und Transformation mit entsprechenden Experten und Impulsen zu bearbeiten und die Weichen für die Zukunft zu stellen. BabyOne hat damit gerade sehr gute Erfahrungen gemacht (Linkein-Beitrag von Dr. Anna Weber | LinkedIn aus April 2023: https://www.linkedin.com/posts/dr-anna-weber_startup-familienunternehmen-graesnden-activity-7046360604952985600-I0Oi?utm_source=share&utm_medium=member_desktop). 

 

Wichtig ist natürlich, die entsprechenden Modalitäten in einer Beiratsordnung festzulegen. Das betrifft auch die Vergütung, denn die Tätigkeit im Experten-Beirat ist nicht ehrenamtlich. Die Beiratsarbeit ist mittel- oder langfristig angedacht, darüber muss man sich bewusst sein und entsprechend sensibel bei der Auswahl der Teilnehmenden sein. 

Der Lohn der Mühe ist dann ein absolut verlässlicher, kompetenter und loyaler Beirat, mit dem man ganz Großes erreichen kann. Es ist ein tolles Gefühl, daran mitzuwirken, Unternehmen mit Weitsicht und Strategie auf die Zukunft auszurichten! 

Wer mehr darüber erfahren möchte, kann mich gerne jederzeit kontaktieren, ich freue mich darauf." 

 

Haben Sie schon eigene Erfahrungen mit einem Beirat gesammelt?  

 

Oder haben Sie womöglich schon einmal als Beirat / Beirätin in einem solchen Gremium mitgewirkt?  

 

Wir freuen uns, wenn Sie Ihre Erfahrungen mit uns teilen und diesen Beitrag kommentieren! 

 

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